Stimmen zum Werk Frank Nortens

ULRICH SCHÄFER-NEWIGER, in SIGNATUREN-MAGAZIN, München, 30.9.2019

„Politische Gedichte sind gegenwärtig in Deutschland rar. Und auch der Mut von Autoren, sich expliziert auf die gesellschaftliche Rolle von Lyrik (die immer gegenwärtig ist) zu beziehen. Frank Norten hat diesen Mut, das muss hier ausdrücklich hervorgehoben werden. Er hat damit auch den Mut, sich angreifbar zu machen. Und er hat den Mut und das sprachliche Können, ein Gedicht mit dem Titel `Die Juden von Auschwitz` zu schreiben und damit nicht zu scheitern.“

Ulrich Schäfer-Newiger, geboren 1951, ist Anwalt, Mitherausgeber der Literaturzeitschrift TORSO, Lyriker und Juror (Lyrikpreis München).

UWE CLAUS, Dresden, in SIGNUM, Blätter für Literatur und Kritik, Dresden 2020, 21. Jahrgang, Heft 2

„`Von einer vierten Symphonie ist mir/ nichts bekannt.` Lautet der vierte und abschliessende Vers des Gedichts `Rachmaninows Symphonien`. Es ist einer der stärksten Texte des neuen Lyrikbandes von Frank Norten. … Kein Buchstabe, keine Silbe, kein Wort scheint zu viel oder zu wenig. Anhand der drei bekannten Symphonien des russischen Komponisten erzählt der Autor exemplarisch vom Schicksal dieser Musik und der Tragik Rachmaninows. … Das ist großartig. Das ist Kunst. Das geht mir, dem Leser unter die Haut!“

Uwe Claus, geboren 1960 in Meißen, Religionspädagoge und Lyriker in Dresden.

TOMAS GÄRTNER, in DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN vom 28.5.2019

„Es sind die heillosen Zustände der Gegenwart, die er beschreibt. Aber er zeigt uns auch, worum es eigentlich geht – um die Suche nach Heimat, um eine Sehnsucht als Gegenbild. `An der See, mit Salz auf den Lippen,/im böigen Wind,/wollen Menschen wissen,/wer sie waren,/wer sie immer noch sind.´ Und Frank Norten scheut sich nicht, große Fragen zu stellen: `Wie werden Menschen zu Brüdern, zu Schwestern?´ … 2016 hat Norten den `Polly´, den Preis für politische Lyrik bekommen. Seine Verse treffen einen umstandslos direkt, durch einen Stil, der klar ist, schnörkellos, pointiert. … `Ich möchte etwas mitteilen, Zeugnis ablegen. Es ist eine Art Anrufung. Ich will andere Menschen erreichen.´Seine Gedichte, sagt er, wollen gesprochen werden.“

Tomas Gärtner ist freier Kulturjournalist in Dresden.

PATRICK WILDEN, Dez. 2019, im DRESDNER KULTURMAGAZIN, und in einer Rezension in der Zeitschrift OSTRAGEHEGE, IV, 2019

„Am 29.5. hat der Langebrücker Lyriker (Frank Norten) in der Buchhandlung BÜCHERS BEST seinen Gedichtband `Die nicht mischbaren Farben der Freiheit` vorgestellt. Die `Zerredlichkeit` des Titels deutet den schroffen, gesellschaftskritischen Ton der Gedichte bereits an, für den Norten 2016 mit einem Preis für politische Lyrik ausgezeichnet wurde: `Nazis verloren den Krieg/Ich verlor den Boden unter den Füßen.` … `Wir sind ein Wurstmachervolk`, lautet sein hellsichtig vernichtendes Diktum über die deutsche Vergangenheit. Besonders schroffe Texte gelten der Schickeria der Skandalinsel Ibiza, wo Norten mit seiner zweiten Frau 15 Jahre gelebt hat. Ein poetisches Resümee dieser immerwährenden Heimatlosigkeit findet sich in `Berlin oder spanische Insel`: `Auf einer spanischen Insel wässert ein Mann/seine im Vorjahr gepflanzten/Orangenbäumchen./Das  Haus neu erbaut./In der Garage die Koffer.` … Gedichte wie `Mozarts Röcke`oder `Rachmaninow` lassen den Musikliebhaber erkennen, der … zu Salons in sein Haus lädt, wo neben Dichtern junge Musiker zum Zuge kommen. Und Norten widmet sich in einfühlsamer Weise literarischen Vorbildern wie etwa Jakob van Hoddis, Schöpfer des ikonischen expressionistischen Gedichts `Weltende`, der 1942 im KZ umkam, Sergej Jessenin oder … Josef Brodsky. `Brodsky wusste, das Leben macht uns etwas vor`, heisst es in `Brodsky in Venedig´, `zum Beispiel, dass es nicht aufhört.` Sicher könne man es eine Weile dazu zwingen, aber nur solange, ´bis das Plätschern des Wassers/an den Bootsstegen alles übertönt.`“

Patrick Wilden, geboren 1973 in Paderborn, arbeitet in der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) und ist Redakteur bei der Dresdner Literaturzeitschrift OSTRAGEHEGE. Moderator im Rahmen des Dresdner Literaturforum. Er ist Autor mehrerer Gedichtbände, zuletzt SCHREIBERS ORT, parasitenpresse Köln, 2022.

MICHAEL HAMETNER, 2019

„Lieber Frank Norten – nun ist das Manuskript abgegeben und ich will zu meinem Wort stehen. Was ich nicht bereut habe. Ihre Gedichte stecken voller Überraschungen, nahezu keines ist wie das andere. Welche Vielfalt von Tönen stecken in dem Band, es ist erstaunlich. Klar, das politische Streitgedicht, ist dabei – aber auch das Liebesgedicht mit leisen, schönen Fügungen und manchmal, selten, sogar das Naturgedicht. Da wird einer Beziehung nachgespürt, da wird ein Lebenskonzept reflektiert, der Kapitalismus wird angegriffen, die Schleimer bekommen ihr Fett, die Sowjetmacht taucht als Untergrund-Nachricht noch einmal auf. – Jedes Lob macht sich verdächtig, ließe es keinen Platz für Kritik. Manchmal ist die assoziative Technik vielleicht etwas überzogen und das Gedicht verliert seine geheime Linie und Form. Dann sind es der Überraschungen zu viele. – Aber das muss Sie nicht beunruhigen: Ich habe mich bei der Lektüre Ihrer Gedichte sehr erfrischt gefühlt.“

Michael Hametner, geboren 1950 in Rostock, war bis 2015 Literaturredakteur und Moderator beim Mitteldeutschen Rundfunk. Einige Jahre (bis 2009) Jurymitglied des Preises der Leipziger Buchmesse. Mitglied bei Bührnheims Literatursalon.

GERHARD JASCHKE, 2008

Lieber Frank Norten, 
die Gedichte sind herausragend, gefallen mir sehr gut! 
Freundlichst, Gerhard Jaschke 

6.10.2008

Gerhard Jaschke, geboren 1949 in Wien, ist ein österreichischer Autor und Herausgeber der Literaturzeitschrift FREIBORD. Er ist gemeinsam mit Ilse Kilic Geschäftsführer der Grazer Autorinnen Autoren Versammlung.

PROF. LESZEK SZARUGA, WARSCHAU, aus seinem Essay „Königsberg auf Ibiza“, Vorwort zum Gedichtband von Frank Norten „Jestesmy wygnancami“, Miniatura Kraków, 2004, ISBN 83-7081-583-9, Nachdichtungen von L.Szaruga. 

Der Essay wurde aus dem Polnischen übertragen von Dominika Hadrysiewicz.

„Nortens Auflehnung – des stark in den Traditionen des deutschen Expressionismus eingebetteten Dichters – ist nicht so sehr Auflehnung gegen die Vorsehungen der Geschichte, als eher Auflehnung gegen der Enterbung. … Die katastrophale Tonart der Gedichte Nortens ist heute in der Literatur keine vereinzelte Erscheinung. Ungeachtet des Verstreichens der Jahre und der in Europa fortschreitenden Integrationsprozesse , scheint das Gefühl der Stabilität eher einem Phantasiegebilde gleichzukommen. Warum? Es ist schwierig, auf diese Frage zu antworten. Doch immerhin kommt es vor, daß die, dem Anschein nach irrationalen Intuitionen der Dichter, der Realität voraus sind. … Dieser Lyrik ist das Verspüren der Vergänglichkeit, der Unsicherheit in Bezug auf die gegenwärtige Gestalt der Welt inne, sowohl in der existentiellen als auch in der geistigen Sphäre. Auch aus diesem Grund sind sie beachtenswert: Wir sind nämlich Vertriebene in einer noch anderen Dimension als der, die den politischen Diskurs bestimmt – wir sind Vertriebene aus der Welt, die auseinander fiel unter der Wucht der Ereignisse des XX. Jahrhunderts.“

Prof. Leszek Szaruga, geb.1946 in Krakau, ist ein in Polen bekannter Essayist, Aphoristiker, Literaturwissenschaftler und Lyriker, der in Szczecin und Warschau lehrte.

CHARLES DOBZYNSKI, PARIS„Aujourd’hui Poème“, Paris, Nummer 82, Juni 2007

Frank Norten gehört zu den Dichtern, die man nicht gerne einordnen möchte. Jedoch kann man seine knapp geschriebene Kurzvita direkt im Internet anschauen.

Frank Norten ist 1952 in Köritz – Mark Brandenburg – geboren. Jahre nach dem Medizinstudium in Ostberlin verlässt er die DDR. Er wird Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Berlin. Doch sein Lebensweg schlägt plötzlich eine völlig andere Richtung ein, indem er die literarische Szene betritt. Er veröffentlicht drei Gedichtbände: 1997 und 2000 bei Berliner Verlegern, dann 2002 in Österreich.

1999 beschließt er, auf Ibiza, einer der balearischen Inseln, zu wohnen. Diese Entscheidung hat weder mit Umherirren noch mit Exil zu tun, wohl weil das Exil die Vision des Dichters begrenzt.  

Frank Norten hält Lesungen ab oder nimmt an verschiedenen Dichtertreffen teil, wie zB. in Polen im Laufe des Jahres 2005 oder auch in Litauen unter der Ägide des dortigen Pen Clubs.

Nun wird er allmählich zur Literaturlandschaft gehören; seine ganz freie, manchmal abgehobene, kräftigende Schreibdichte gefällt den Lesern, denn sie beinhaltet eine bittere Hellsichtigkeit, die sowohl die Gegenwart als auch das Vermächtnis der Geschichte aufgreift, wobei der Dichter das Risiko eingeht,  scheinbar frech oder unangemessen aufzutreten.  

Seine unveröffentlichten Gedichte sind von Frédérique Laurent ins Französische übertragen worden, einer Berufsübersetzerin und Spezialistin der deutschsprachigen Länder und der polnischen Literatur. Frédérique Laurent doziert über Übersetzungstheorie in Deutschland und in Frankreich.“

(der Artikel wurde übersetzt von Frédérique Laurent)

Charles Dobzynski (* 1929 in Warschau – 26. September 2014) war ein französischer Dichter, Journalist und Übersetzer.2005 Prix Goncourt de la Poésie. War Präsident der Jury für den Apollinaire-Preis. Chevalier of Arts and Letters.

ALBERT VON SCHIRNDING in der „Süddeutschen Zeitung“, 18.11.2000

„Wer ist Frank Norten? Leider enthält der ansprechende Gedichtband RAUCH AUS MEINEM MUND keinerlei sachliche Angaben über seinen Verfasser. Und mit dem lyrischen Ich ist das bekanntlich so eine Sache. … Auf jeden Fall sind … auf der realen Landkarte wie auf der des Herzens Fixpunkte des Verlusts bezeichnet. `Gras wächst über das Pflaster der östlichsten Städte`, aus Königsberg ist keine Metyphysik für die Zukunft zu erwarten, `Kants Knochen werden seit längerem/ nicht mehr vermißt`. Die Gedichte dessen, der sich ein für allemal verloren gibt, klingen eher nach Heine als nach Eichendorff, eher nach Nietzsche als nach Liliencron. … Im für mich schönsten Stück des Bandes spricht der Autor mit der Stimme der Else Lasker-Schüler, die ihr Berlin, die `Stadt der Bindungslosen`, nie wiederfinden wird.“

Albert von Schirnding, geboren 1935 in Regensburg, ist ein deutscher Lyriker, Erzähler, Essayist und Literaturkritiker.